Eine letzte Mail. Liebesroman von Maximilian Dorner. Erster Teil: Juliane hat sich während einer Reise nach Paris in Leander verliebt. Nach zweieinhalb Tagen ist sie überstürzt abgereist. Ein Jahr nach dem Kennenlernen beschreibt sie in zwei langen Mails, was damals vorgefallen ist …
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18. Türchen: Julianes Mail an den schweigenden Leander vom 23. April 2000, dritter Teil
Auf dem nächsten Bild sehe ich uns einem Touristenschiff nachschauen, das gegen die Strömung kämpft. Es war so breit, dass es unmöglich durch die Brücke hätte passen dürfen. Aber auf einmal war es halb durch. Vom Deck aus wurde uns zugewinkt. Nicht irgendwem, sondern uns. Doch wir ließen unsere Hände auf der von der Sonne warmen Brüstung liegen. Sie lagen einfach da. Ich war mir nicht sicher, ob sie sich wirklich berührten oder ob ich mir das nur einbildete. Aber hinzuschauen traute ich mich auch nicht. Irgendwann wurde mein kleiner Finger so heiß, dass es keinen Zweifel mehr gab.
Bis wir aufbrachen, immer noch schweigend. Wir liefen Richtung Quartier Latin, als ob man über nichts reden müsste. Nebeneinander, selbst die enge Straße nach oben. Noch nie habe ich jemand getroffen, mit dem ich mich so umfassend verstanden habe wie mit dir. Man muss nicht immer alles zerreden, vor allem, wenn es um Gefühle geht. Ich habe eine Andeutung lieber, lese lieber zwischen den Zeilen. Und mache mir dann meine Gedanken. Das Direkte liegt mir nicht so. Genau wie dir, glaube ich.
Unsere erste Unterhaltung kann man sich leicht merken. Du hast mich plötzlich am Arm gepackt und an dich gezogen, bevor mir der Laster der Müllabfuhr seinen Seitenspiegel in die Schulter rammen konnte. Sie lautet:
Leander: „Attention!“
Juliane: „Merci.“