Gedanken während einer Parade

Vorbei am Alten Botanischen Garten auf der Elisenstraße. Eigentlich könnte alles ganz einfach sein, denke ich, als ich eskortiert von zwei Polizeiautos auf eine vierspurige Straße biege.

Über die Trambahnschienen am Stachus. Bei der Anmeldung der Parade beim Kreisverwaltungsreferat muss man für jede Demonstration eine Absicht angeben. Wir tun uns damit einigermaßen schwer, denn wir haben keine politische Mission. Schließlich werfen wir die Phrasenmaschine an und schreiben in das Formular, dass wir ein weltoffenes, buntes München fordern. – Und genau darum geht es ja auch: Wir paradieren in all unserer Unterschiedlichkeit, um die Luftnummer vom bunten München mit Leben zu füllen.

In die Schillerstraße einbiegend. Ich bin so froh, dass wir hier keine Parolen brüllen, überhaupt nicht etwas wollen, nur sehen und gesehen werden. Einfach da sein, mitten in der Stadt. Sich zeigen, durch bloße Anwesenheit etwas in Bewegung setzen in den Hirnen. Ohne Verbissenheit. Ohne jeden Funken von : wir wissen, was richtig ist. Außer der festen Überzeugung, dass es richtig und gut ist, wenn es Menschen mit Behinderungen gibt. – Und man diese wahrnimmt.

Auf der Schwanthalerstraße. Vor mir reißt sich ein junger Schauspieler mit Down-Syndrom dasT-Shirt vom Leib und schwenkt es grüßend den Autofahrern im Stau au der Gegenseite entgegen.

Die Landwehrstraße entlang. Die Freude Fremder, wenn sie Musik hören. Stehen bleiben. Vor die Tür treten. Lächeln, es braucht nicht viel. Natürlich hat es etwas von Bremer Stadt Musikanten, was wir hier machen, aber: Who cares?

Hoch zur Schwanthalerhöhe. Scheiß Kopfsteinpflaster!

Am Ende der Parade, vor dem Kösk in der Schrenkstraße. Ich verabschiede mich von den Polizisten. Einer fragt: Haben Sie das Dankeschön schon unserem Einsatzleiter gesagt? Ich nicke, wir haben uns schon – sehr routiniert – einen schönen Feierabend gewünscht. Sie lächeln, steigen in ihre Polizeiautos und brausen davon, neuen Einsätzen entgegen.

Fotos: Andrea Huber